Neue Kirchen
09.06.2024
Nachdem der Kulturkampf in der zweiten Hälfte der 1880er Jahre sein Ende fand, normalisierten sich in den meisten deutschen Bistümern die Beziehungen zwischen Kirche und Staat. Als das Deutsche Reich 1896 sein 25-jähriges Bestehen feierte, nahmen die Katholiken in ganz Deutschland daran jedenfalls schon wieder regen Anteil: an die massiven Beeinträchtigungen der Jahre 1872/73 bis 1883/87 dachte in diesem Zusammenhang kaum noch jemand zurück.
Vor diesem Hintergrund des „kirchenpolitischen Tauwetters" erfolgte im Bistum Hildesheim auf Initiative von Bischof Daniel Wilhelm Sommerwerck im Juni 1883 zeitgleich zur Wiederbesetzung vakanter Seelsorgestellen auch die vollständige Rekonstruktion des Hildesheimer Domkapitels. Staatliche Monita bei der Besetzung vakanter Kapitelsstellen waren infolge der weitgehenden politischen Neutralität des Hildesheimer Diözesanklerus selten: beide Seiten waren an einem kooperativen und konstruktiven Miteinander interessiert.
Im Bistum Hildesheim lebten im Jahr 1880 ca. 91.900 Katholikinnen und Katholiken – und 1910 sogar bereits 208.500: eine Entwicklung, aufgrund derer das bestehende Gemeindesystem erhebliche Veränderungen und Ergänzungen erfuhr - überall entstanden neue Kirchen, neue Schulen und neue sozial-caritative Einrichtungen.
Für die katholischen Kerngebiete des Bistums Hildesheim, also das alte Hochstift und das Untereichsfeld, begann nach dem Kulturkampf eine Zeit „progressiver Konsolidierung", indem die bestehenden kirchlichen Einrichtungen ausgebaut und die kirchlichen „Service-Angebote" erheblich verbessert wurden. So ersetzte man in sehr vielen Gemeinden, wie etwa in Bavenstedt im Jahr 1887/89, die baufällige und zudem zu klein gewordene Fachwerkkirche von 1662 durch einen Neubau für 32101,96 Mark. Mit Christoph Hehl (Hannover) konnte der Bavenstedter Pfarrer Bernhard Theele für dieses Projekt einen renommierten Architekten gewinnen. Schon Ende 1888 konnte die neue Kirche benediziert werden, bevor sie am 19. Juni 1892 durch Bischof Sommerwerck konsekriert wurde. Das Holz der alten Fachwerkkirche wurde überwiegend für einen Scheunenbau verwendet; Gastwirt Bormann nahm den Balken der Kircheneingangstür und mauerte ihn in seinem Haus ein.
Viele dieser Neubauten im Bistum Hildesheim wurden durch Fotos, Skizzen und Pläne, die sich im Bistumsarchiv befinden, dokumentiert.